Abgeordnetenbürosein natürliches Hochdrucksystem

Die Mitarbeiter*innen in Abgeordnetenbüros arbeiten in einem hochdynamischen Umfeld. Die Arbeit ist alles andere als „nine to five“.

Termindruck, inhaltliche Hochleistung und eine permanente Kopplung an Prozesse der Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit sowie ein stark konkurrierendes Umfeld machen eine strukturierte und langfristig gedachte Arbeitsagenda zu einem Hürdenlauf.

Die Priorisierung von Arbeitsaufträgen, die Arbeitszeitkontingente, Fragen zu Workflows und Rollen und Aufgaben sind stetige Begleiter.

Verstärkt wird dies durch wechselnde Mitarbeiter*innen auf Praktikums oder Trainee-Positionen und die Arbeit an verschiedenen Standorten. Gefühlt ist man chronisch unterbesetzt oder in einer ständigen Neuausrichtung.

Hinzu kommt, dass man als Abgeordnete*r nicht selten erstmals in die verantwortungsvolle Aufgabe direkter Personalführung geworfen wird. Wie möchte ich meine Mitarbeitenden führen? Welche Feedbackkultur und Arbeitsroutinen etablieren wir? Was erwarte ich von ihnen? Was erwarten Sie von mir? Wie viel Klarheit herrscht zu den individuellen Aufgabenprofilen? In wie weit kennen alle ihre Rollen im Team?

Konstellationen und Formen der Zusammenarbeit

Die Erstaufstellung (neue Abgeordnete) der Mitarbeitenden eines Abgeordnetenbüros ist eine aufregende Zeit. Alles ist neu. Die Prozesse und Dynamiken sind unbekannt. Innerhalb der Fraktion werden Zuständigkeiten, Ämter und Positionen verteilt.

In dieser Situation den Überblick zu behalten ist nicht immer einfach. Welche Stellen möchte ich in meinem Team schaffen? Wie ist der zeitliche und finanzielle Zuschnitt? Welche Kompetenzen werden gebraucht? Welche Arbeitsmoral und Dynamik erwarte und garantiere ich?

Oft stammt ein Teil der Mitarbeitenden schon aus dem vertrauten Umfeld der Abgeordneten und häufig bringen diese dann weitere Expertisen zu den fachlichen Themen mit ins Team. Dabei wird leicht übersehen, dass Abgeordnetenbüros nicht nur die Schnittstelle zur legislativen und parlamentarischen Arbeit sind, sondern auch Zentren der Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit und vor allem ein Ort der Selbstorganisation. „Wir sind das Büro YX.“ Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die angefragten Kompetenzen und Leistungsprofile der Mitarbeitenden.

Schlussendlich stellt sich die Frage nach der Form der Zusammenarbeit?! In der Praxis gibt es dabei große Unterschiede. Diese reichen von klar hierarchischen Top-Down- Strukturen über die Arbeit in Kompetenzteams oder multiprofessionellen Teams bis hin zum Selbstbild eines Netzwerks eigenverantwortlicher Aktivist*innen. Bei der Antwort auf die Frage, wie Abgeordnetenbüros zusammenarbeiten, gibt es kein richtig oder falsch. Vielmehr ist es entscheidend, einen praxisorientierten gemeinsamen Weg zu finden.

Art der Zusammenarbeit und Workflows

Wie genau Abgeordnetenbüros zusammenarbeiten, kann gestaltet und definiert werden.

In der Praxis rutschen viele Büros jedoch in eine „Abarbeitungs-Schleife“ des parlamentarischen Alltags. Aufgaben sind meist mehr oder weniger klar definiert und ruckeln sich höchstens im Laufe der Zeit zurecht. Ein strukturelles Rollenverständnis wird dabei oft vernachlässigt. Dadurch entstehen dauerhafte Abstimmungs- und Klärungsbedarfe. „Alles muss immer wieder besprochen werden“ und „Alles wird auch immer wieder mit allen besprochen.“

Ein möglicher Zugang zu dieser Thematik ist eine Rollenklärung. Sie führt dabei zur Erschließung von individuellen Aufgabenbereichen auf einer strukturellen Ebene. Eine dezidierte Rollenklärung beantwortet 85% der Fragen, die sich mit einer Aufgabe stellen. Im Moment einer gemeinsamen Rollenklärung vermindern sich Abstimmungsbedarfe und eine fokussierte Zusammenarbeit wird möglich. Effiziente Team-Meetings und Absprache-Prozesse können so einfacher gestaltet und komplexe Workflows gemeinsam definiert werden.

Seit 2014 begleite ich Abgeordnete in Landtagen, dem Bundestag und dem Europäischen Parlament. Alle Teams sind verschieden und es gibt keine Pauschallösungen für Probleme. Aus diesem Grund sind Klausurtagungen immer maßgeschneiderte Veranstaltungen in enger Absprache mit dem oder der Abgeordneten.

M. Sprekelmeyer

Beratung und Begleitung

Klausur Moderation

In der Praxis gibt es die „einfache“ Anfrage zur Moderation einer Teamklausur. Dabei bespreche ich zunächst mit der Büroleiter*in (oder Funktionsträger*innen) Inhalte und Themen, entwerfe ein grobes Design der Klausur und gehe dann in eine Detailabstimmung mit dem/der Abgeordneten.

Vom Umfang liegen solche Klausuren meistens zwischen 1,5 und 3 Tagen.

Prozessbegleitung

Manche Themen lassen sich einfacher als Prozess bearbeiten. Dabei begleite ich Teams über einen längeren Zeitraum. In „kleinen“ dreistündigen virtuellen Klausuren werden die Themen systematisch bearbeitet und gemeinsam spannen wir einen Bogen zu einer Klausurtagung.

Der Umfang eines solchen Begleitprozesses liegt meist bei 3 – 4 virtuellen „kleinen Klausuren“ und einer 1,5 – 2 tägigen Klausur in Präsenz. Hinzu kommt zu Beginn ein intensiverer Klärungsprozess mit dem/der Abgeordneten und begleitende Absprachen zu den „kleinen Klausuren“ mit der/dem Büroleiter*in.

Sparring

Manche Abgeordnete suchen den externen Blick und eine herausfordernde Perspektive.

Eine offene und ehrliche Kommunikation ist in den meisten Teams selbstverständlich und doch ermöglicht das Gespräch mit externen Personen andere Gedankengänge und eröffnet neue Möglichkeiten.

Diese Form der Begleitung entwickelt sich in der Regel zu einer langfristigen Partnerschaft.

Bilder: Jacob Lund, Ronny Behnert, Henry Czauderna,

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